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Wie gehen Bauern und Händler sicher gegen den unsicheren Fleischmarkt an?

recherchiert von Kayako Bruckmann

Durch die BSE - Krise und die damit einhergegangenen Export - und Handelsverbote ist insbesondere in den letzten drei Jahren ein "Marktloch"auf dem Rindfleischmarkt entstanden, unter dem nun viele Produzenten leiden. Gerade die Betriebe, die direkt von der BSE -Seuche betroffen sind und dadurch ihren Rinderbestand ganz oder zumindest zum Teil aufgegeben haben, sind nun in Schwierigkeiten: Es ist zu entscheiden, ob sie nun die risikoverbundene Rinderzucht fortführen, oder beginnen sich umzuspezialisieren, um den zukünftigen Problemen des Rindfleischmarkts zu entgehen. Beide Wege sind mit gewissen Schwierigkeiten verbunden: Der Absatz des Rindfleischs ist noch immer nicht auf dem früheren Stand vor Ausbruch der BSE - Krise und die Zeit der Erholung des Marktes ist nicht abgelaufen. Ein Ausweichen auf andere Fleischarten ist nicht leicht, wenn von dem Schweinefleisch abgesehen wird. Diese Umspezialisierung wurde bereits von einigen Mastbetrieben vorgenommen, und ursprüngliche Schweinemastbetriebe konnten von einem größeren Absatz profitieren. Das geht ebenfalls aus dem untenstehenden Diagramm hervor, das die Entwicklung des Kilogrammpreises für Schweinefleisch in den letzten Jahren beschreibt.

Jedoch ist eine Umspezialisierung auf andere Tierarten als das Rind nicht unbedingt eine Garantie für weiterhin guten Umsatz. Aufgrund der Lücke, die durch BSE entstanden ist, finden auf dem Fleischmarkt gravierende Veränderungen gleichsam einer Revolution statt. Preise wie z.B. der von Schweinefleisch steigen, um einen Ausgleich für die hohen angefallenen Kosten schaffen zu können. Insbesondere der Handel mit Schweinefleisch trägt im Wesentlichen dazu bei. Die vielen Bauern, die nun auch auf Schweine spezialisiert sind, tragen durch ihre verstärkte Produktion zur Deckung der Nachfrage bei und landen schließlich mit einem Großteil ihrer Konkurrenz im Oberangebot und können ihre Ware auch zu erniedrigten Preisen nur schwer verkaufen. Auf diese Weise kommt es zu den großen Preisschwankungen auf dem Fleischmarkt , die von Bauern und Händlern so gefürchtet sind.

Eine ebenso schwere Auswirkung der BSE - Krise, obwohl dieses Problem auf den ersten Blick nichts zu tun hat mit dem eigentlichen BSE - Problem und der Rindfleischsituation.

Was also kann ein Bauer oder Händler gegen den plötzlichen Wertverlust seines Fleisches unternehmen, von dem er ja zu Beginn seiner Zucht nicht wissen konnte? - Er sichert sich (um nur eine Möglichkeit zu nennen ) gegen solch eine Situation ab. Möglich macht so etwas u.a. die Warenterminbörse (=WTB). Die WTB kauft sogenannte "Futures" bei den Produzenten, die auch auf andere Produkte als Schweinefleisch (wie Raps, Weizen, Kartoffeln etc.) spezialisiert sein können. Mit den Futures erfolgt die Angabe der Menge des jeweiligen Produkts, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt produziert bzw. geliefert sein muss. Der Produzent ist dann verpflichtet zu produzieren, wird seine Ware dann aber unter Garantie des "Futures" in jedem Falle los, und zwar zu dem vorher vereinbarten Festpreis, der nicht im nachhinein durch den aktuellen Preis auf dem Fleischmarkt (ob hoch oder niedrig ) beeinflusst werden kann. Das Risiko, seine Ware nicht verkaufen zu können, oder nur einen Preis, der die Summe seiner Unkosten noch unterschreitet, dafür zu bekommen, belastet nicht mehr. Es kann dann auch kein besonderer Gewinn bei momentan hohen Preisen erzielt werden. Diese Eigenverantwortung liegt dann in Händen der WTB. Mit Hilfe von WTB können Produzenten getrost ihren Produktionsweg planen und verkaufen schließlich womöglich zu etwas niedrigeren Preisen, aber dafür sicher. Die WTB ihrerseits lebt also von den Bewegungen (Schwankungen) und der Unsicherheit auf dem Markt.

Diese Kurzinformation über die Arbeitsweise der WTB ist sehr verkürzt und beinhaltet bei weitem nicht alle Aspekte und Schwierigkeiten, da dies in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung ist. 

Devise der heutigen Fleisch-  (Massen-) Produktion: Egal wie, Hauptsache so viel wie möglich ?

Das könnte sich jeder fragen, der die letzten Tierseuchen miterlebt hat, die mit Hilfe moderner Mittel bekämpft wurden. Jüngere Katastrophen in der Fleischproduktion wie die aktuelle BSE-Krise und zuletzt auch MKS haben zu Oberlegungen geführt, wie Seuchen sogar mit natürlichen Mitteln vorgebeugt werden kann, deren Bekämpfung mit Medikamenten scheiterten.

Trotz der hohen Kenntnis über krankheitserregerfreie Massenzucht durch schnelle Mast (d.h. Lebezeit des Tiers unterschreitet die Inkubationszeit bestimmter Krankheiten), Fütterung von Hormonen (um eine bestimmte Größe zu erreichen) und Medikamenten, kehren viele Zuchttierbestände dieser Zuchtart den Rücken, um sich zu einem Öko-Bio-Bestand umzurüsten. Diese "Biobauern" produzieren streng nach der EG-Bioverordnung und nach den Richtlinien der Ökoverbände. Nach der Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau (AGOL), zu der Verbände wie "Naturland" zählen, umfassen diese Richtlinien neben der Garantie für artgerechte Haltung

bulletdas Verbot vorbeugender Behandlungen sowie die Gabe von Hormonen
bulletdie Qualität des Tierfutters: Es muss aus dem Ökolandbau stammen und hat deswegen keine künstlichen Zusatzstoffe,
bullet

ein für die jeweilige Tierart (Kühe, Schweine, Hühner etc.) festgesetztes Maß für den Stall sowie eine Flächenangabe für den Auslauf im Freien pro Tier.

Vor möglichen Infektionen schützt eine ganze Reihe von Vorsichtsmaßnahmen, die vorbeugende Antibiotika überflüssig machen. So fügt ein Biolandwirt einer Herde niemals neue Tiere hinzu, sondern tauscht die "Bewohner" eines Stalls immer nur komplett aus. Damit wird verhindert, dass Krankheiten eingeschleppt werden. Weiterhin führen viele Biolandwirte Gütesiegel für freiwillige Selbstkontrolle ein, mit denen sie ihre Produkte für den Verkauf kennzeichnen. Das wird z.B. auch in der Eierproduktion gemacht: Betriebe, die im Verein für kontrollierte alternative Haltungsformen KAT) sind, drucken auf jedes Ei einen Nummerncode und kennzeichnen Verpackungen mit einem bestimmten Aufdruck.

Durch Kontrollen, die u.U. noch kurz vor dem Verkauf durchgeführt werden, kann sich der Käufer also sicher sein: Wo Bio draufsteht is. auch Bio drin !(?), und ist dann meist gerne bereit für ein solches Produkt auch einmal etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Ist diese Öko-Reform (siehe Diagramm) wirklich als eine Wende zum Besseren zu sehen, oder wird damit nur versucht einen größeren Umsatz zu machen? Letzteres hoffentlich nicht. Wahrscheinlich scheinen doch einige Menschen begriffen zu haben, dass es doch auf die Dauer effektiver und gerechter ist, Tiere (wenn man sie endlich wieder als wirkliche Lebewesen betrachten kann) unter angemessener Bedingungen zu halten, als sie gleichsam wie Produktionsmaschinen auszunutzen, was mit ihrer ursprünglichen Lebensweise nur noch entfernt etwas gemeinsam hat.

Ich frage mich bei solchen Entscheidungen: Wieso wird denn nicht gleich auf Bio umgestellt, auch wenn es zu Beginn vermeintlich große Verluste einbringt (der Profitgedanke muss ja natürlich berücksichtigt werden... )? Durch die natürliche Haltung würde sich das Risiko von Seuchen verringern, und falls es dennoch einmal passieren sollte, kann es sofort bemerkt und effektiv behandelt werden und sich nicht über längere Zeit unbemerkt ausbreiten. Die kostspielige und komplizierte Versorgung mit Medikamenten bliebe aus und durch verringerte Tiermassentransporte würde einer weiträumigen Obertragung von Krankheiten, die dann schließlich durch teuere Tiervernichtung bekämpft wird, sinnvoll entgegengewirkt.

 
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Stand: 10. Februar 2012